10 JAHRE AUS DEM LEBEN EINES SCHWARZSTORCHS IN DER EIFEL

(Foto: Kurt Klement auf Pixabay)
(Foto: Kurt Klement auf Pixabay)

Im Umkreis von 15 km um Kelberg sind uns 10 Schwarzstorch Brutpaare bekannt und wir gehen von bis zu 5 weiteren aus, deren Horste wir noch nicht entdeckt haben. Somit ist die Vulkaneifel das dicht besiedelteste Schwarzstorch Gebiet mit der größten Population des Schwarzstorches in Rheinland-Pfalz (Bestand > 45 Brutpaare). Der Schwarzstorch steht für große intakte, naturnahe Wälder mit Still- und Fließgewässern und ist Indikator für einen artenreichen Wald. Anstatt das Vogelschutzgebiet Ahrgebirge auf die Vulkaneifel auszuweiten, laufen hier die Zulassungsverfahren für 121 bis zu 280 Meter hohe Windenergie-Giganten! Mit aller Gewalt soll hier anstelle von einem Vogelschutzgebiet ein Industriegebiet zur Energiegewinnung entstehen!

 

Aufgrund der besonderen Bedeutung des Schwarzstorchs ist der im sogenannten „Helgoländer Papier“ erwähnte Tabubereich von 3.000 m und ein Prüfbereich von 6.000 m um die Fortpflanzungsstätte bei der Windkraftplanung zu berücksichtigen. Nach Ausbleiben einer Nestnutzung gilt der Tabubereich von 3.000 m für eine Karenzzeit von 5 Jahren. Durch sogenannte Funktionsraumanalysen können die Gutachter der Windkraftfirmen diesen Tabubereich in begründeten Einzelfällen jedoch auf 1.000 m unterschreiten. Was bei allen 14 geplanten Windparks im Umkreis von 15 km um Kelberg so auch von den Projektierern praktiziert wird und man somit nicht mehr von Einzelfällen reden kann.

 

Nach den Handlungsempfehlungen der Oberen Naturschutzbehörde und Oberen Forstbehörde Rheinland-Pfalz für die im Bereich von Schwarzstorch-Brutvorkommen tätigen Forstleute, gilt eine ganzjährige Hiebsruhe im Radius von 50 m um den Horstbaum und aus artenschutzfachlichen Gründen sollte nach Ausbleiben einer Nestnutzung eine Karenzzeit von 5 Jahren eingehalten werden. Im 50 – 100 m-Radius um das Nest gilt ganzjährige weitgehende Hiebsruhe für die Dauer der Nestnutzung (einschl. Karenzzeit) zur Erhaltung des charakteristischen unmittelbaren Horstumfeldes. Im an das unmittelbare Horstumfeld anschließenden Bereich (100 m bis 300 m um das Nest) dürfen keine Holzernte- oder Rückearbeiten während der Anwesenheit der Störche (vom 1. März bis 15. September) durchgeführt werden.

 

Durch Maßnahmen dieser Art, sollte dem störungsbedingten Wechsel von Nistplätzen, dieser an sich standorttreuen Brutvogelart, eigentlich entgegengewirkt werden. Was aber leider bei dem folgenden Schwarzstorch Brutpaar in den Letzten 10 Jahren nicht funktioniert hat:

2009 – 2012: Schwarzstorch Horst mitten im geplanten Windpark von Mannebach (alle geplanten 6 WEA im 1.000 m Umfeld). Horst wurde durch Forstarbeiten freigestellt und seitdem nicht mehr benutzt. Nachdem der Horst mit einem Durchmesser von über einem Meter abgestürzt ist (auf dem Boden waren merkwürdigerweise keine Spuren dieses Horstes mehr zu finden) ist das Gebiet wieder für die Windkraft freigegeben und der Windpark befindet sich im Zulassungsverfahren.

2013 – 2015: Das Schwarzstorchpaar wechselt in das Elztal und mitten in den geplanten Windpark von Arbach/Oberelz (alle 4 geplanten WEA im 1.000 m Umfeld).

2016 – 2017: Vermutlich durch Störungen erneuter Wechsel nach Boos und wieder in den 3.000 m Tabubereich zum Windpark Arbach/Boos/Münk mit 8 geplanten WEA. In 2016 stürzt ein Teil des Horstes ab, ob dabei einer nachgeholfen hat ist nicht bewiesen. Zum Glück haben die drei Jungstörche den Absturz überlebt. Die daraufhin angelegte künstliche Nistplattform wurde auch im Jahr 2017 vom Brutpaar angenommen. Die Windkraftplanungen laufen trotzdem weiter. Die Karenzzeit von 5 Jahren nach Ausbleiben einer Nestnutzung für den Tabubereich von 3.000 m scheint keinen zu interessieren.

2018: Vermutlich durch Störungen ein Wechsel nach Nachtsheim. Leider wieder in den 3.000 m Tabubereich zu den 8 WEA des geplanten Windparks Nachtsheim/Luxem. Im Jahr 2019 wurde noch ein Nistversuch beobachtet, der für die Verschiebung der Fahrbahnsanierung der B 410 verantwortlich war. Leider wurde auch hier vermutlich das Brutpaar wieder gestört und musste den Horst aufgeben. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde von der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz am 31.10.2022 erteilt.

2019: Das Schwarzstorchpaar wechselt wieder mitten in den geplanten Windpark von Arbach/Oberelz. Hier wurden bereits in den Jahren 2017 und 2018 Nistversuche beobachtet und von uns an die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Vulkaneifel gemeldet und von der Behörde ignoriert. Im Jahr 2018 wurde durch Forstarbeiten die Charakteristik des unmittelbaren Horstumfeldes stark verändert, obwohl im 50 – 100 m-Radius um das Nest eine ganzjährige weitgehende Hiebsruhe für die Dauer der Nestnutzung (einschl. Karenzzeit) gilt. Nach unserer erneuten Meldung an die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Vulkaneifel ist diese endlich aktiv geworden und hat die Forst- und Brennholzarbeiten in letzter Sekunde gestoppt. Zumindest wurde der Antrag nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vor dem Scopingtermin wegen entgegenstehenden, artenschutzrechtlichen Belangen (Schwarzstorch) am 29.05.2019 zurückgezogen.

 

Was muss hier noch passieren bevor unsere Naturschutzbehörden bei den Kreisen und der SGD-Nord endlich diesen Störungstatbestand (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) strafrechtlich verfolgen lassen und auf die Einhaltung des im „Helgoländer Papier“ aufgeführten Tabubereich von 3.000 m für besetzte Schwarzstorch Horste und die Karenzzeit von 5 Jahren nach Ausbleiben einer Nestnutzung von den Projektierern fordern?

Nur eine Erweiterung des Vogelschutzgebiets Ahrgebirge oder ein neues Vogelschutzgebiet Vulkaneifel kann den Schwarzstorch in unserer Region vor dem Aussterben durch die Windkraft dauerhaft bewahren!